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Jens Spahn "Jeder kann und sollte mithelfen, das Coronavirus zu verlangsamen"

Nicht mehr in den Club gehen, Reisen reduzieren und Fahrrad statt Bus fahren: Jens Spahn hat an alle Menschen in Deutschland appelliert, ihr Infektionsrisiko zu senken. Experten springen ihm bei.
Gesundheitsminister Jens Spahn: "Je langsamer sich das Virus verbreitet, desto besser"

Gesundheitsminister Jens Spahn: "Je langsamer sich das Virus verbreitet, desto besser"

Foto: Fabrizio Bensch/ REUTERS

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat jeden einzelnen in der Bevölkerung dazu aufgerufen, den Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus zu unterstützen. "Je langsamer sich das Virus verbreitet, desto besser", sagte er auf einer Pressekonferenz. Dafür sei es notwendig, dass jede Bürgerin und jeder Bürger sein Risiko für eine Infektion so weit wie möglich reduziere.

In diesem Zusammenhang appellierte Spahn an alle Bürger, sich zu überlegen, welche Unternehmungen in den nächsten Wochen und Monaten wirklich notwendig seien und auf was sie für einige Zeit verzichten können. "Es ist aus meiner Sicht leichter, auf ein Konzert, ein Fußballspiel oder einen Klubbesuch zu verzichten, als auf den Weg zur Arbeit oder darauf, dass ein Kind in der Krippe betreut wird", sagte er.

Auf Basis dieser Argumentation sprach sich Spahn weiterhin gegen eine flächendeckende Schließung von Schulen und Kitas aus. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass etwa Ärzte, Pflegekräfte oder Polizistinnen nicht zur Arbeit kommen könnten, warnte er. "Das hätte auch Folgen für das öffentliche Leben."

Für Großveranstaltungen hingegen gelten andere Maßstäbe. "Ich ermuntere Veranstalter ausdrücklich, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern abzusagen", wiederholte Spahn seine Forderung vom Wochenende. Bislang sei Deutschland bei Absagen zu zaghaft gewesen. "Mit meiner Aussage will ich allen den Rücken stärken, die diese Entscheidung treffen müssen."

Anders als in vielen Nachbarländern kann in Deutschland nicht zentral beschlossen werden, dass alle Veranstaltungen ab einer gewissen Besucherzahl abgesagt werden oder vor leeren Rängen stattfinden müssen. Die Entscheidung liegt stattdessen bei den lokalen Gesundheitsbehörden.

Oberstes Ziel: Verhindern, dass alle zeitgleich erkranken

Ziel ist, die Ausbreitung des Virus so sehr zu verlangsamen, dass das deutsche Gesundheitssystem alle schwer Erkrankten versorgen kann. "Nach allem, was wir wissen, verläuft diese Krankheit in vier von fünf Fällen mild", sagte Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts. Das bedeute aber auch, dass eine von fünf Personen schwer erkranke.

Dann kommt es in der Regel zu einer Lungenentzündung, die eine Behandlung auf der Intensivstation erforderlich machen kann. Deutschland ist mit rund 28.000 Intensivbetten im internationalen Vergleich zwar gut aufgestellt. Ein großer Ausbruch, bei dem Tausende parallel erkranken, könnte jedoch auch das System an seine Grenzen bringen.

"Jeder kann und sollte mithelfen, das Coronavirus zu verlangsamen - zum Schutz von besonders gefährdeten Menschen", so Spahn. "Denn dann kann das Gesundheitssystem damit umgehen." Als besonders gefährdet gelten Menschen ab einem Alter von 65 Jahren und Personen mit chronischen Krankheiten.

Um sie zu schützen, nannte Spahn noch weitere konkrete Maßnahmen: Jeder sollte weniger reisen, nach Möglichkeit von Zuhause aus arbeiten und bei einer Erkrankung in Arztpraxen anrufen - statt einfach hinzugehen. Auch könnte jeder überlegen, ob er einen Weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen kann, statt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.

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"Es ist nicht zu spät, wir sind früh dran in Deutschland"

Unterstützung erhielt Spahn auch von Christian Drosten, Leiter der Infektiologie an der Berliner Charité. "Die ganzen Maßnahmen mögen sich jetzt komisch anfühlen", sagte Drosten auf derselben Pressekonferenz. "Aber es ist nicht zu spät, wir sind früh dran in Deutschland. Das ist diese Woche vielleicht die wichtigste Botschaft aus der Wissenschaft."

Deutschland habe die Verbreitung des Virus früh erkannt, erklärte Drosten weiter. Grund dafür sei unter anderem ein flächendeckendes Netz von Laboren, die auf das Virus testen können. Gleichzeitig warnte er davor, dass aufgrund der vielen milden Krankheitsverläufe hierzulande der Eindruck entstehen könnte, alles sei halb so wild. "Auch bei uns müssen sich Dinge ändern, wir sind da keine Ausnahme", sagt er.

In Deutschland haben sich mehr als tausend Menschen nachweislich mit dem Virus infiziert. Knapp die Hälfte lebt in NRW, wo der besonders betroffene Landkreis Heinsberg liegt. Ebenfalls stark betroffen sind Bayern mit mehr als 250 Fällen und Baden-Württemberg mit knapp 200 Infizierten. Nach Heinsberg seien Aachen, München, Köln und Freising aktuell die Kreise mit den meisten nachgewiesenen Fällen, sagte der RKI-Präsident Wieler.

irb
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